Esitlik - der Hamam und das Literaturhaus der Frauen

Cansu Coban
(IÖB/Prof. Schwarz)

„Der Weg zur wahren Freiheit und Gleichberechtigung führt über die Bildung und Stärkung der Frauen.“ - Halide Edib Adıvar.

Mit diesem kraftvollen Zitat einer der einflussreichsten türkischen Frauenrechtlerinnen und Literatinnen beginnt die Untersuchung, die im Kern die Bedeutung von historischer Architektur und sozialen Räumen in der Entwicklung von Frauenrechten thematisiert. Diese Masterarbeit widmet sich der tiefgreifenden Analyse eines architektonischen Denkmals – dem Ishak Pasa Hamam in Istanbul – und dessen zukünftiger Umgestaltung zu einem Ort, der die Emanzipation und Bildung von Frauen unterstützt.

Halide Edib Adıvar war eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts in der Türkei. Sie engagierte sich nicht nur literarisch, sondern auch politisch und gesellschaftlich für die Rechte der Frauen und die Unabhängigkeit der Türkei. Besonders im Kontext des türkischen Befreiungskrieges wurde sie zur Symbolfigur für Frauen, die nach Gerechtigkeit und Gleichberechtigung strebten. Ihre Worte, wie das eingangs zitierte, spiegeln ihren tiefen Glauben an die transformative Kraft von Bildung wider, insbesondere für Frauen. Diese Überzeugung spielt auch in meiner Arbeit eine zentrale Rolle.

Im Kern der Arbeit steht die Frage, wie historische Strukturen nicht nur bewahrt, sondern in ihrer Funktion neu interpretiert werden können, um die Bedürfnisse der modernen Gesellschaft zu erfüllen – besonders die der Frauen. Der İshak Paşa Hamam, ein Bauwerk aus dem 15. Jahrhundert, steht exemplarisch für diese Untersuchung. Der Hamam liegt in der historischen Altstadt von Istanbul und ist Teil eines größeren sozialen und religiösen Komplexes, der sogenannten Küllye. Diese Komplexe waren im Osmanischen Reich Zentren des öffentlichen Lebens, bestehend aus einer Moschee, einer Medrese (Lehreinrichtung) und einem Hamam (Badehaus), in denen Bildung, Religion und soziales Leben miteinander verwoben wurden.

 

Der Hamam ist heute stark zugebaut und sein ursprünglicher Haupteingang ist durch eine Brandwand blockiert. Ein Fenster wurde zum neuen Eingang umfunktioniert, was die ursprüngliche Architektur verzerrt und die Wahrnehmung des Bauwerks stark einschränkt. Gegenüber befindet sich die Moschee, und die imposante Palastmauer des Topkapi Palastes prägt die unmittelbare Umgebung. Diese baulichen Eingriffe und die nachbarschaftliche Enge rücken den Hamam fast in Vergessenheit, was Fragen zur städtebaulichen Integration und zur Wiederbelebung dieses Bauwerks aufwirft.

Um diese Situation zu verbessern, ist der Rückbau und das Zusammenfassend dreier angrenzender Gebäude erforderlich. Das Ziel ist es den aufgerissenen Block zu schließen und den Hamam wieder sichtbar und zugänglich zu machen. Der Hamam soll dabei erneut als Badehaus genutzt werden, wobei sein ruinöser Charakter erhalten bleibt. Ergänzend wird eine zweite Ebene eingeführt, die Umkleideräume und Sanitäranlagen bietet und den modernen Anforderungen gerecht wird, ohne den historischen Wert zu schmälern.

Parallel dazu wird der soziale und kulturelle Komplex durch den Bau eines „Literaturhauses der Frauen“ vervollständigt. Dieser Neubau, architektonisch inspiriert von den Medresen vergangener Zeiten, soll ein Ort der Bildung, des Austausches und der Sicherheit werden, ganz im Sinne Halide Edib Adıvars Vision von der Stärkung der Frauen durch Bildung. Das Literaturhaus wird Frauen Raum für kulturelle Aktivitäten und persönliche Entwicklung bieten. Es umfasst einen begrünten Innenhof, dessen Architektur sich nach innen orientiert, um Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig offen genug bleiben um mit der Außenwelt zu kommunizieren. Flexible Räume für Veranstaltungen, Beratung, ein Café und Ausstellungen werden den Ort lebendig machen und seine Rolle als Begegnungsstätte stärken.

Die drei benachbarten Gebäude werden zu einem Hotel zusammengefasst, das eine Lobby, eine Bar, einen Frühstücksraum sowie Unterkünfte für auswärtige Autorinnen bietet, die an Veranstaltungen des Literaturhauses teilnehmen. Die Fassadengestaltung dieses Hotelkomplexes nimmt Bezug auf den Hamam und das Literaturhaus und vereint traditionelle osmanische Elemente mit moderner Architektur. Diese symbiotische Verschmelzung von Alt und Neu steht für die harmonische Integration von Geschichte und Moderne, die das zentrale Thema meiner Arbeit unterstreicht.

Die Revitalisierung des Ishak Pasa Hamams und die Schaffung des Literaturhauses der Frauen symbolisieren den Versuch, die architektonischen und gesellschaftlichen Werte der Vergangenheit in die Gegenwart zu tragen. Durch die Nutzung historischer Strukturen als moderne Begegnungs- und Bildungsstätten kann ein Beitrag zur Stärkung der Frauenrechte und zur gesellschaftlichen Entwicklung geleistet werden. Diese Arbeit verbindet den Schutz des kulturellen Erbes mit dem Ziel, Räume der Freiheit und Gleichberechtigung für kommende Generationen zu schaffen.

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